Es ist Donnerstag morgen und wir erwarten 7 Flugzeuge der Condor Fluglinie auf Madeira. Schon der Wetterbericht am Vortag hatte für heute nichts Gutes erwarten lassen, daß aber ein so schlimmer Tag auf Madeira warten würde, konnte niemand erahnen. Um 8:30 Uhr konnten die ersten Maschinen der portugiesischen Fluglinie TAP noch landen, doch der Wind am Flughafen wurde im Verlaufe des Vormittages immer stärker. Nun ist starker Wind alleine für Flughäfen und landende Flugzeuge generell noch nichts Schlechtes. Doch es kommt auf die Windrichtung an.
Der Flughafen von Madeira ist auch nach der Verlängerung der der Start- und Landebahn 2002 noch einer der schwierigsten Flughäfen der Welt. Nur die Flughäfen von Katmandu in Nepal und St. Marten in der Karibik gelten unter Piloten als noch schwieriger anzufliegen, als der Christiano Ronaldo International Airport auf Madeira. Die Landebahn ist dabei nur noch ein untergeordnetes Problem. Die Fallwinde und seitlichen Böen, die an sehr vielen tagen im Jahr auftreten, sind der Grund dafür, daß die Piloten, die hier landen wollen, eine Sonderausbildung haben müssen. Schon bei meinem letzten Einsatz vor 5 Jahren hatten wir im Winter gelegentlich ein Problem mit dem Wind. Immer wieder mussten Flüge kurzfristig umgeleitet werden oder durchstarten. Laut meiner Kollegen, die in den vergangenen Jahren auf Madeira im Einsatz waren, wurden diese Fälle immer häufiger. Auch dieses ist eine Folge des Klimawandels, da die Stürme auf dem Atlantik immer heftiger werden. Erst im Jahr 2018 steuerte sogar der erste Hurricane auf die kleine Insel zu. Erst kurz vor dem Landfall drehte der Sturm der Stufe 2 ab und ging letztendlich nördlich von Lissabon sogar auf dem portugiesischen Festland an Land.

Ein Blick auf die von mir sehr geschätzte App Flight Radar24 zeigte schnell, daß nach 9 Uhr alle ankommenden Flugzeuge schwere Probleme haben würden. Über dem Cabo Sao Laurenco drehten die Maschinen aus Kopenhagen und Glasgow eine Runde nach der anderen, um ein günstiges Zeitfenster für eine Landung zu finden. Nach 5 Ehrenrunden mussten die Flugzeuge jedoch umgeleitet werden auf die kleine Nachbarinsel Porto Santo, die zum Archipel Madeira gehört und einen NATO-Flughafen besitzt, auf dem immer eine Landung möglich ist. Der Flughafen auf der kleinen Insel hat den Vorteil, daß er im absolut flachen Westen liegt und somit die Winde keine große Rolle spielen.
Auf Madeira wurde dagegen der Flughafen inzwischen geschlossen. Alle ankommenden Flugzeuge versuchten zwar eine Landung und drehten mehrere Runden, mussten dann jedoch einsehen, daß es keine Chance auf eine Landung gibt. Zum großen Ärgernis unserer ankommenden und natürlich auch abfliegenden Gäste war zwischen 9 und 18:00 Uhr kein Flugzeug am Boden zu sehen. Für uns hieß es nun, herauszufinden, was die Alternativen sind und darauf angemessen zu reagieren. Wo würden die Maschinen landen ? Was passiert mit den zurückfliegenden Gästen, die bereits am Airport und eingecheckt sind ? Müssen wir Transfers ändern ? Müssen Hotels verlängert werden ? Oder müssen wir sie informieren, daß einige Gäste heute nicht ankommen würden ? Viele Fragen, die sich im Laufe der nächsten Stunden alle beantworten lassen würden.
Die Condor Flüge aus München und Hamburg waren die ersten beiden deutschen Maschinen an diesem Morgen, die den Landeanflug versuchten und ebenfalls nach Porto Santo umgeleitet wurden. In diesen beiden Fällen war schnell klar, daß die Gäste dort die Flugzeuge verlassen würden und am Abend um 18:00 Uhr per Fähre der Porto Santo Line nach Madeira übersetzen würden. So hatten die Gäste zwar eine lange Wartezeit auf Porto Santo und eine 2 stündige Fährfahrt vor sich, konnten aber sicher sein, daß sie noch am selben Tag ihr Urlaubsziel erreichen würden. Schnell wurden von uns die Transfers geändert und zwei Kollegen am Abend an den Hafen bestellt.
Am Nachmittag bogen dann die Condor Flüge aus Stuttgart, Frankfurt, Düsseldorf, Leipzig und Hannover kurz vor Madeira Richtung Kanaren ab. Hannover und Stuttgart landeten in meinem ehemaligen Zielgebiet von Gran Canaria und bezogen dort ein Zimmer im Costa Meloneras Hotel. Auch hier war schnell klar, daß die Gäste heute nicht mehr kommen würden und die Hotels auf Madeira informiert werden mußten, daß sie erst am nächsten Tag eintreffen würden. Die abreisenden Gäste wurden in Hotels in Funchal untergebracht werden.
Die Maschinen aus Düsseldorf und Frankfurt waren auf dem Weg nach Teneriffa, wurden dort betankt und versuchten dann einen neuen Anflug auf Madeira, da die Kollegen vom dortigen Tower berichteten, daß der Wind nachgelassen hatte. Da wir schon mit Übernachtungen auf Teneriffa gerechnet hatten, erwischte uns die Tatsache eiskalt, daß die Maschinen nun doch im Landeanflug waren. Nur durch Zufall sah ich in der Flight Radar App, daß die Condor aus Düsseldorf schon kurz vor Funchal war. Also schnell die Reiseleiterin wieder an den Flughafen geschickt und gehofft, daß sie noch rechtzeitig dort sein würde. Wie sich herausstellte, hat alles gut funktioniert und alle Gäste kamen wohlbehalten bei uns an.
Noch spät am Abend war ich damit beschäftigt, herauszufinden, wann die noch fehlenden Maschinen am nächsten Tag ankommen würden. Nachdem auch das später geklärt war, ging ein sehr schwieriger Tag im Leben eines Reiseleiters zu Ende, der wieder einmal unseren Gästen zeigen sollte, daß es gut ist, einen Reiseleiterservice vor Ort zu haben.
Jürgen (Sonntag, 19 Juni 2022 14:08)
Hallo Olli.
Wusste nicht, dass Du Amerika, mein liebstes Urlaubsland inklusive Hawaii so gut kennst.
Da müssen wir mal bei einem Bier drüber sprechen.
Liebe Grüße
Jürgen
Omamama (Sonntag, 14 November 2021 18:35)
Da kann ich nur zustimmen, da ich dieses Durcheinander am eigenen Leib erfahren musste.