Ein Sommer auf Madeira ist in vielerlei Hinsicht anders, als in vielen anderen Destinationen, in denen ich zuvor gearbeitet habe. Zunächst ist der Sommer einmal nicht die Hauptreisezeit. Das ist auf Madeira traditionell noch immer der Winter und vor allem die Weihnachtszeit. Auch wenn die Zahlen der Touristen aus dem Ausland sich mehr und mehr ausgleichen, so ist der Winter schon alleine aufgrund der Kreuzfahrtschiffe noch immer die Jahreszeit mit den meisten Besuchern.
Von Mitte Oktober bis Mitte April kommen fast täglich Kreuzfahrtschiffe in den Hafen von Funchal. Alleine im November 2019 haben sich 52 Ozeanriesen von "Costa" über "Mein Schiff" und "AIDA" bis hin zur "Queen Elizabeth" angesagt. Das bedeutet, dass dann zwischen 1500 und 5000 Tagestouristen auf die Insel und vor allem die Hauptstadt einfallen. Was diejenige, die vom Tourismus leben, wie den Taxifahrer, den Korbschlittenbetreiber oder die Restaurants freut, macht den Besuchern, die ein oder zwei Wochen auf der Insel bleiben, schon fast ein wenig Angst. Wo man im Sommer immer einen Platz bekommt oder minimal 5 Minuten anstehen muss, verdreifacht sich der Andrang im Winter zu Stoßzeiten. So ist das Kreuzfahrtgeschäft für die meisten ein Segen, für einige aber auch ein Fluch.

Der Sommer ist auf Madeira auch die Jahreszeit der unzähligen Fest. Jedes Dorf hat seinen Schutzheiligen. Dieser wird einmal im Jahr an dessen Namenstag geehrt. Hinzu kommen kirchliche Feste, musikalische Feste und die Feste, an denen die Frucht oder das Gemüse, das in der jeweiligen Region am meisten vorkommt, zelebriert wird. Das reicht vom Apfelfest in Ponta do Pargo über das Zwiebelfest in Canico bis hin zum Bananenfest in Madalena do Mar. Auf der ganzen Insel gibt es immer etwas zu feiern. Ich war noch in keinem Zielgebiet, in dem so viele Feste zu besuchen waren wie hier auf Madeira.
Die Saison beginnt gleich mit einem der spektakulärsten Feste des Jahres, dem Atlantic Festival. In Funchal wird im Juni der Sommer eingeläutet und mit 4 Feuerwerken empfangen. Jeden Samstag im Juni veranstaltet ein Land im Hafen ein Feuerwerk. Dieses wird von einer Jury bewertet, und der Gewinner darf an Silvester des gleichen Jahres das große Silvester-Feuerwerk austragen, das zu den größten der Welt zählt. Begleitet wird das Spektakel am Himmel immer zu passender Musik und einem angemessenen Rahmenprogramm. In diesem Jahr waren Italien, Portugal, Mexiko und Polen mit von der Partie. Jedes Feuerwerk war auf seine Art besonders. Mir persönlich hat das von Mexiko am besten gefallen. Gewonnen hat letztlich Polen. Die Pyrotechniker dieses Landes werden also das nächste große Event an Silvester vorbereiten. Von wo auch immer man das Feuerwerk sieht, es ist eine grandiose Vorstellung. Drei Shows konnte ich vom Hafen aus beobachten, eine von einem Katamaran, der extra zu diesem Fest für 90 Minuten hinaus fährt und einen völlig anderen Blickwinkel bietet. An Land gibt es Stände, an denen man das Nationalgetränk Poncha oder ein Knoblauchbrot Bolo do Caco kaufen konnte. An Bord des Schiffes genießt man die Show mit Erdbeeren und Champagner in etwas edlerem Stil. So oder so ist es der erste große Höhepunkt im Veranstaltungskalender im Sommer auf Madeira.
Es folgen Musikfestivals in Ponta do Sol, Sao Vicente und natürlich in Funchal. Das Summer Opening Festival brachte dieses Jahr James Arthur in die Stadt. Dieses kostenlose Konzert im Santa Catarina Park war kostenlos und war in wenigen Stunden ausverkauft.
Ein Highlight folgt im Sommer dem nächsten auf Madeira. Die Rauchschwaden des Feuerwerks der Italiener am Samstag, den 8.6. waren noch nicht verzogen, da gab es in Machico am Sonntag schon das nächste Feuerwerk. Dieses war der Abschluß des Mittelalterfestivals, das jedes Jahr im Juni hier stattfindet. Dabei präsentiert sich das kleine Städtchen an der Ostküste rund um das kleine Fort in mittelalterlichem Gewand. Viele Stände bieten Met, Knoblauchbrot, Kuchen und andere Leckereien. Gaukler ziehen in damals typischen Gewändern durch die Straßen. Musikgruppen spielen auf mittelalterlichen Instrumenten und Feuerschlucker sorgen für Unterhaltung auf andere Art. Das Medieval Festival in Machico ist jedes Jahr eines meiner Lieblings-Feste auf Madeira.
Parallel zum Atlantic Festival wurde in Funchal auch das Beer Festival gefeiert. Dabei konnte man an mehreren Ständen in der Innenstadt am Militär Museum über 100 Biersorten kosten. Dazu gab es Live Musik von verschiedenen einheimischen Künstlern.
Nächste Wochen, nächste Fest. Diesmal zu Ehren des Schutzheiligen der Fischer, St. Peter. Die Fiesta des Sao Pedro wird dementsprechend auch gleich in mehreren Orten gefeiert. Die beiden größten Feste finden an den letzten beiden Juni-Wochen in Camara do Lobos und Ribeira Brava statt. In Camara do Lobos wird das kirchliche Fest mit dem weltlichen Festa da Espada Preta verbunden. Im Hafen des malerischen Ortes an der Südküste westlich von Funchal kann man zu Live Musik und traditionellen Tänzen an unzähligen Essständen des schwarzen Degenfisch kosten. Dieser wird ausschließlich vor der Küste von Camara do Lobos von den hier ansässigen Fischern seit vielen Generationen gefangen. Wie gut er auf die verschiedensten Arten zubereitet schmeckt, kann man auf der ganzen Insel in jedem Restaurant, aber nirgends so frisch wie in Camara do Lobos, probieren.
Ein Ort weiter westlich in Ribeira Brava findet gleichzeitig das selbe Fest in etwas anderer Art statt. Während man in Camara do Lobos das Hauptaugenmerk auf den Degenfisch und das Essen im Allgemeinen legt, steht in Ribeira Brava die Musik und eine Prozesion im Mittelpunkt. Direkt am Strand ist eine große Bühne aufgebaut, auf der vom frühen Samstag Abend bis tief in die Nacht regionale Musiker auftreten. Die Bootsprozession mit dem heiligen St. Peter und das abschließende Feuerwerk runden die ganze Sache ab. Beide Feste gehören zu den wichtigsten Daten im Veranstaltungskalender in einem Sommer auf Madeira. St. Peter
Der Juli steht im Zeichen der Heiligen eines jeden Dorfes. In jedem noch so kleinen Weiler wird ein Kirchenfest begangen und der Schutzheiligen gedacht. Wenn man mit dem Mietwagen auf der Insel unterwegs ist, kann es immer einmal wieder sein dass Straßen gesperrt sind, weil sich eine Prozession ankündigt oder eine Straßenfest gefeiert wird. Oft kam ich in diese Situation, habe dann wie in Santana meinen Wagen geparkt, und dem Schauspiel beigewohnt.
Gleich zu Beginn des Monats war der Santa Catarina Park in Funchal wieder im Mittelpunkt der Festivitäten. Das dreitägige Jazz Festival zieht alljährlich Musikfreunde aus aller Welt an, um unter freiem Himmel den Klängen durchaus namhafter Stars der Jazz Szene unter freiem Himmel zu lauschen. Dianne Reeves und Gregory Porter standen da in diesem Jahr sicherlich an erster Stelle. Sie begeisterten die Fans im ausverkauften Catarina Park.
Ebenfalls im Juli fand im Süden der Insel ein komplett anderes Fest statt. In Madalena do Mar wurde die Banane gefeiert. Wie in jedem Jahr, so wurden auch in diesem Sommer in diesem kleinen Ort, der komplett von riesigen Bananenplantagen umgeben ist, die schönsten und besten Bananen prämiert. Musik und Essensstände durften natürlich nicht fehlen.
Anderer Ort, andere Frucht, aber ein ähnliches Fest. In Curral das Freiras wird das Kirschfest im Juli gefeiert. Während es in Madalena do Mar fast nur Produkte aus Bananen gab, findet man hier Kirschlikör, Kirschmarmelade, Kirschkuchen und andere Produkte aus oder mit Kirschen. Die Buden mit Fleischspießen und Bolo do Caco gab es hier wie dort und sind fester Bestandteil eines madeirensischen Festes.
Im August geht es mit zahlreichen Festivitäten munter weiter. Vor allem ein kirchliches Fest steht im Mittelpunkt. Dabei ehrt man die "Senhora do Monte" und dankt der Heiligen für alle Segnungen. Die Marienstatue steht in der malerischen Kirche von Monte oberhalb von Funchal. In disem Jahr fand das Fest am 14. und 15.August statt. Am 14. wird bis tief in die Nacht gesungen, getanzt, getrunken und vor allem gegessen. Am nächsten Tag, der auf Madeira immer ein Feiertag ist, folgt die berühmte Prozession und die Messe in der Kirche. Von den üblichen Speisen und Getränken einmal abgesehen, ist das besondere an diesem Fest die Tatsache, daß die Gondelbahn von Funchal hinauf nach Monte nur an diesem Tag auch bis in die Nacht fährt. So nutzten auch wir die einmalige Gelegenheit, mit der Seilbahn nach oben zu fahren, dort sehr guten Espetada selbst zu grillen und Poncha zu trinken, ehe es bei einbrechender Dunkelheit über die Lichter der Stadt wieder nach unten ging. Ein magischer Abend.
Und wem bei all den Festen und Veranstaltungen im Sommer auf Madeira die Kondition ausgeht, der sollte noch etwas Kraft und Energie aufsparen für das letzte Große Fest, das den Übergang vom Sommer in den Herbst bedeutet. Das überall auf der Insel gefeierte Weinfest ist sicherlich ein Höhepunkt im Kalender der Insel. Die bedeutendsten Festivitäten dieser Art gibt es in Funchal, in Estreito de Camara do Lobos und in Santana. Funchal beginnt mit dem Fest auf dem Platz vor dem Militär Museum, wo man sich über die verschiedenen Arten Wein informieren kann und natürlich an vielen Ständen auch Weinprobe machen kann. Der berühmte Madeira Wein steht dabei im Mittelpunkt. Dabei handelt es sich um keinen Tafelwein, sondern eine Art Cognac, der vor dem Essen oder als Nachtisch serviert wird.
In Estreito de Camara do Lobos hoch über Funchal feiert man in den dortigen Weinbergen die Erntehelfer und Winzer beim dortigen Weinfest. Hier stehen die Trauben und der Umzug im Mittelpunkt. Das gilt auch für Santana im Norden der Insel. Dort findet auf dem Weingut Quinta do Furao an vier Wochenenden im September das Weinfest statt. Folklore, exzellentes Essen und das traditionelle Traubentreten begeistern hier jedes Jahr aufs Neue die Besucher. Während die ersten beiden Feste in Funchal und Camara do Lobos hauptsächlich von Einheimischen besucht werden, ist das Fest in Santana sehr touristisch. Aufgrund der traumhaften Lage des Weingutes und des herausragenden Essens kommen aber viele Touristen extra zu diesem Anlass auf die Insel. Auch Teile meiner Familie sehen zu, daß sie an einem der Wochenenden auf jeden Fall vor Ort sind. So war ich dieses Jahr gleich zweimal auf der Quinta do Furao und war wie immer vom Service und Essen begeistert.
Die Weinfeste von Madeira sind ein großartiger Abschluss eines Sommer voller Feste auf Madeira.
Jürgen (Sonntag, 19 Juni 2022 14:08)
Hallo Olli.
Wusste nicht, dass Du Amerika, mein liebstes Urlaubsland inklusive Hawaii so gut kennst.
Da müssen wir mal bei einem Bier drüber sprechen.
Liebe Grüße
Jürgen
Omamama (Sonntag, 14 November 2021 18:35)
Da kann ich nur zustimmen, da ich dieses Durcheinander am eigenen Leib erfahren musste.