Wieder einmal war es soweit. Nach ziemlich genau 7 Monaten am Stück auf dieser zauberhaften Insel hieß es am 19.01.2021 einmal wieder Abschied nehmen. Meine Zeit auf Madeira war planmäßig zu Ende und ich durfte mich auf mindestens 2 Monate Urlaub freuen. Mein Kollege war bereits vor Ort, um mich auf meiner Position als Destination Manager der DER Touristik abzulösen.
Anders als sonst war es diesmal jedoch ein seltsamer Abschied. Normalerweise wusste ich, ob ich im Sommer in das Zielgebiet zurückkehren würde. Diesmal jedoch war es Corona-bedingt eine Reise in eine ungewisse Zukunft. Würde das Virus die Reisebranche auch im Jahr 2021 fast komplett in die Knie zwingen ? Welche Zielgebiete würden die ersten sein, die wieder möglich sind ? Würde ich in Urlaub und danach in Kurzarbeit gehen müssen ? Oder würde ich wie geplant Ende März, Anfang April wie der auf die traumhafte Atlantik-Insel reisen können ?
Es waren viele Fragen offen, als ich am Dienstag, den 19.01. 21 in die einzige Maschine der TuiFly stieg, die an diesem Tag nach Deutschland flog. Und ich hinterließ auch eine Insel, die voller Fragezeichen blieb. Würden die Zahlen der Corona-Fälle, die nach Weihnachten und Silvester exorbitant gestiegen waren und Madeira am 09.01.21 nun doch als eines der letzten Ziele überhaupt auf die rote Liste der Risikogebiete des Auswärtigen Amtes gebracht hatten, wieder sinken ? Bei meiner Einreise am 24.06.20 zählte Madeira nur 4 Corona-Fälle und hatte mit den obligatorischen Tests am Flughafen eine Vorreiterrolle in dieser Hinsicht weltweit gespielt. Bei meiner Abreise am 19.01.21 zählte die Regierung 156 neue Fälle an einem Tag und über 30 Todesopfer. Trotz nächtlicher Ausgangssperren, Schulschließungen und anderen strikten Maßnahmen, schlugen die unkontrollierten Feiern innerhalb der großen Familie und die zu den Festtagen zurückkehrenden Studenten und Arbeiter aus dem Ausland voll zu buche. Die Tourismusbranche leidet so weiter wie auf vielen anderen Urlaubsinseln in der Welt. Seit März 2020 war im Hafen von Funchal kein einziges Kreuzfahrtschiff zu sehen. Von den 85 Hotels, die alleine die DER Touristik unter Vertrag hat, waren nur rund 20 durchgängig seit Juni geöffnet. Viele mussten aufgrund der katastrophalen Buchungslage teilweise oder auch die ganze Sommersaison schließen. Einige Hotelketten, wie die Enotel-Kette, nutzte die Zeit, um einige ihrer Hotels zu renovieren. Andere hofften mit Kurzarbeit in einem Hotel zu überleben, wenn man nur das Schwesterhotel geöffnet hält, wie dies beim Alto Lido und Baia Azul der Fall war. Wieder andere erkannten nach dem Aus der englischen Flüge rund um Weihnachten, daß es keine Sinn mehr hat, offen zu bleiben, und informierten die Veranstalter, daß sie erst im März wieder öffnen wollten. Das berühmteste Beispiel dafür war das Reid´s Palace, das selbst während der Weltkriege geöffnet war und nun durch Corona erstmals über einen längeren Zeitraum schließen mußte. Und wieder andere, wie das Vila Lusitania mussten schon früh in der Saison komplett die Segel streichen und meldeten Insolvenz an.
Doch nicht nur Hotels leiden auf Madeira unter der Krise. Auch und besonders Restaurants sind von der Katastrophe betroffen. Anders als in Deutschland dürfen diese auf Madeira zwar immerhin noch tagsüber geöffnet haben und müssen seit Januar erst um 22 Uhr komplett schließen, doch der Rückgang der Touristen ist natürlich vor allem in der Altstadt sehr stark zu spüren. Auch hier gibt es viele berühmte Restaurants und Cafes, die Corona nicht überlebt haben. Das Bella Ilha an der Monumental Lido Straße oder das Apollo an der Kathedrale sind nur zwei Beispiele dafür.
Insgesamt ist der Tourismus auf Madeira im Jahr 2020 und über 67% zurück gegangen. Die Arbeitslosenquote stieg im Januar nun auf über 32%. Immer mehr Obdachlose sind in den Parks der Stadt zu sehen. Immer wieder liest man auf der einst so sicheren Insel von Einbrüchen, Überfällen und Plünderungen während der Ausgangssperre.
Es bleibt abzuwarten, wie lange die Corona-Krise Madeira und die Welt noch in Atem hält und was die Politik nun endlich tut, um nicht nur planlos täglich Zahlen zu kommentieren und von Lockdown zu Lockdown zu hecheln. Es bedarf einer weltweiten oder zumindest europaweiten Strategie, um den kompletten Kollaps der Tourismusindustrie noch aufzuhalten.
Ich warte darauf nun erst einmal zu Hause in 10tägiger Quarantäne und freue mich auf meine Familie.

Jürgen (Sonntag, 19 Juni 2022 14:08)
Hallo Olli.
Wusste nicht, dass Du Amerika, mein liebstes Urlaubsland inklusive Hawaii so gut kennst.
Da müssen wir mal bei einem Bier drüber sprechen.
Liebe Grüße
Jürgen
Omamama (Sonntag, 14 November 2021 18:35)
Da kann ich nur zustimmen, da ich dieses Durcheinander am eigenen Leib erfahren musste.