Fast genau fünf Monate waren in der Heimat vergangen. Es waren phantastische Monate mit vielen Ausflügen, gemütlichen Fernsehabenden, vielen Spieleabenden und endlich einmal extrem viel Zeit für die Familie. Dank Kurzarbeitergeld war die Corona-Zeit 2021 kurzweilig und durchaus erträglich. Kurz vor unserem kleinen Urlaub im schönen Berchtesgadener Land kam dann die lange erwartete Information aus meiner Zentrale, dass es in Portugal und auch auf Madeira nun endlich wieder mit dem Tourismus losgehen könne.
Der Plan war, zunächst Lissabon und das Festland Portugals mit der Algarve zu öffnen und dann etwas später das bis dahin noch immer zu den Risikogebieten zählende Madeira wieder für deutsche Gäste besuchbar zu machen. Nach einige weiteren Verschiebungen bekam ich den Einsatztermin 19.06.21.
Das war in mehrfacher Hinsicht ein guter Termin. Den 51. Geburtstag gerade gefeiert, die 2. Corona-Impfung gerade 14 Tage her und der Flug mit Edelweiss erst zweimal verschoben, es konnte als genau 5 Monate nach der Ausreise wieder nach Madeira gehen. Viele hatten schon gar nicht mehr damit in diesem Sommer gerechnet, doch ganz langsam verschwand das Monster Corona unter mächtigem Druck der Impfungen und des wärmeren Wetters. Warum ausgerechnet das kleine Madeira mit einer sehr niedrigen Inzidenz das letzte typische Touristenziel war, das von der Liste der Risikogebiete des Robert Koch Institutes genommen wurde, wird mir vermutlich für immer ein Rätsel bleiben. Doch es sollten noch viele völlig unverständliche Entscheidungen der deutschen Regierung folgen, die einem langsam aber sicher verzweifeln lassen sollten.
Doppelt geimpft und gefühlt hundertfach in den letzten Wochen getestet ging es also mit meiner favorisierten Airline Edelweiss Air wieder einmal von Zürich Kloten nach Funchal, Madeira. Da der Kollege, der seit meiner Ausreise im Januar das Ziel betreut hatte, kurz nach mir gezwungenermassen ebenfalls ausgereist war, gab es dieses Mal keine Übergabe oder kurze Einarbeitung. Ich war komplett auf mich alleine gestellt. Die Kollegen der Agentur waren zwar bei einigen Sachen behilflich, arbeiteten aber selbst noch in Kurzarbeit und waren daher selten im Büro. So wartete am Flughafen nur mein Auto von unserem Mietwagenpartner und im Flughafenbüro mein Schlüsselbund auf mich. Das alte neue Appartement im 8. Stock des Gebäudes war noch fast wie ich es fast 2 Jahre zuvor verlassen hatte. Warum wir während den Corona-Pausen damals das Appartement wechseln mussten ist auch bis heute noch ein ungelöstes Rätsel, da nachweislich nie jemand in der Zwischenzeit darin wohnte, wie die Dame der Immobilienagentur behauptet hatte.
Egal, das Appartement war wieder zur Meerseite und hatte alles, was man als deutscher Reiseleiter benötigt, von Wifi bis deutschen TV-Sendern.
Da am 21.6. die ersten deutschen Gäste der DER Touristik erwartet wurden, liefen meine Vorbereitungen auf Hochtouren. Begrüßungsumschläge wurden vorbereitet, Fluglisten gezogen, Baustellenberichte verschickt und viele andere Sachen erledigt, von denen ich annahm, dass es wichtig wäre. So besorgte ich für meine am 29.6. erwartete Kollegin eine Unterkunft und ein Auto und bereitete ihr eine Einarbeitung und einen Dienstplan vor.
Schon am 22.6. hatten sich erfreulicherweise meine Eltern angesagt, so dass ich in den ersten Tagen auch viel Unterhaltung und Abwechslung hatte. Wie schon so oft, gingen wir gemeinsam auf Entdeckungsreise auf der Insel. Wir machten die ein oder andere Wanderung, testeten alt bekannte und auch neue Restaurants und genossen das exzellente Wetter auf der Insel des ewigen Frühlings.
Doch bald schon machten erste Gerüchte die Runde, dass Portugal, wo auf dem Festland vor allem in Lissabon die aus England eingeschleppte Virusvariante Delta wütete, wieder als Risikogebiet und sogar als Virusvariantengebiet eingestuft werden sollte.
Nachdem ich mir ziemlich sicher war, dass Madeira bei einer Inzidenz von 9 zu diesem Zeitpunkt, niemals ebenfalls dazu ernannt werden würde, machte ich mir keine allzu großen Sorgen. Ich sollte am 25.6. eines Besseren bekehrt werden. Wieder einmal an einem Freitag Abend kam die Meldung des Auswärtigen Amtes, dass ganz Portugal ab dem 29.6. als Virusvariantengebiet gelten würde. Nachdem sich die Nachricht verbreitete wie ein Lauffeuer und auch klar wurde, dass nicht nur Lissabon und das Festland betroffen sein würde, sondern aus völlig unverständlichen Gründen auch Madeira, stand die Insel völlig unter Schock. Keiner der Kollegen, Mitarbeiter, Hotelier und Restaurantbesitzer mit denen ich gesprochen hatte, konnte diese Entscheidung der deutschen Regierung verstehen. Wie gesagt, Madeira, eine autonome Region, die bisher immer getrennt von Portugals Festland behandelt worden war, galt mit einer Inzidenz von 9 an diesem 25.6. nun als Virusvariantengebiet. Eine Insel, die erst am 19.6. von der Risikoliste ganz heruntergenommen worden war, wurde nun, nur eine Woche später sogar in die Liste der Länder mit der höchsten Warnstufe in einem Atemzug mit Indien und Großbritannien aufgenommen. Das alles geschah übrigens genau einen Tag, nachdem bekannt geworden war, dass Großbritannien seinerseits Portugal von seiner roten Liste genommen hatte, und nun wieder jeder Engländer problemlos und ohne anschliessende Quarantäne einreisen konnte.
Man fragt sich, was sind die Beweggründe. Hat man in der deutschen Regierung wieder einfach einmal die Würfel zur Hand genommen und die Länder des Tages ausgewürfelt, die an jenem 25.6. auf die Virusvariantenliste zusammen mit Russland genommen werden mussten ? So wie damals, als man die Inzidenz von 16 einführte, ab der man in einer Schule als Schüler oder Lehrer eine Maske tragen musste? Oder war es tatsächlich die Rache der Angela Merkel an Portugal, weil die portugiesische Regierung im EU Parlament gegen Deutschland gestimmt hatte, als man sich für oder gegen England entscheiden musste, um sie weiterhin einreisen zu lassen, oder aus der EU zunächst als Touristen auszuschließen. Diese Entscheidung war gerade einmal 3 Tage hergewesen und ist vermutlich der wahre Grund für diese völlig irrationale Entscheidung.
Diese Entscheidung hatte für die vom Tourismus abhängige Insel Madeira wieder einmal fatale Folgen. Von heute auf morgen wurden alle deutschen Flüge der TuiFly bis zum 31.7. storniert !!! Condor strich später ebenfalls viele Flüge und auch auch die Lufthansa strich ihr Programm zusammen. Hoteliers, die gerade ihre Mitarbeiter aus der Kurzarbeit geholt hatten, standen nun wieder vor den Ruinen der Tourismuswelt. Ausflugsanbieter, die sich noch riesig gefreut hatten, als ich mich für die DER Touristik wenige Tage zuvor zurückgemeldet hatte, sahen ihre Felle nun wieder dahinschmelzen. Finanziell war dies für alle beteiligten wieder eine katastrophale Entscheidung.
Gravierende Folgen hatte die Entscheidung des Außenministeriums auch für die bereits in dieser Woche eingereisten Urlauber. Sie waren entweder schon lange gebucht und hatten sich riesig gefreut, dass ihre Reise nun nach dem 21.6. doch noch stattfinden konnte, oder sie hatten sich nach der Befreiung von der Risikoliste last minute entschieden und gebucht. Sie alle standen nun vor der Entscheidung zu bleiben und nach dem 29.6. in eine 14tägige Quarantäne zu müssen, oder die Reise vorzeitig abzubrechen. Da kam ich dann ins Spiel, da ich die Flüge umbuchen musste und den Kunden die unerklärliche Meldung der Regierung irgendwie verständlich zu machen. Keiner der Gäste wollte freiwillig abreisen. Einige mussten umbuchen, da sie geschäftlich keine 14 Tage Quarantäne in Deutschland einhalten konnten. Andere blieben und entschieden sich bewusst für die Quarantäne. Alle aber einte das völlige Unverständnis über diese Entscheidung.
So leerten sich die Hotels und die Flüge wurden wieder weniger. TuiFly kam nach dem 4.7. überhaupt nicht mehr, Condor und Lufthansa nur noch einmal in der Woche. Die Frage war nun, wie lange diese Regeln gelten würden. Was würde mit mir passieren ? Soll ich bleiben und die wenigen Österreicher und Schweizer betreuen, die weiter fliegen dürfen? Oder soll ich wieder in Kurzarbeit ? Oder gar in ein anderes Zielgebiet wie mein Kollege aus der Algarve ?
Gerade einmal 24 Stunden war die Entscheidung alt, dass ich zunächst auf Madeira bleiben sollte, da gab es wieder völlig überraschende Meldungen aus Deutschland. Noch am Morgen musste ich holländischen Gästen einen neuen Flug mit der portugiesischen Fluglinie TAP besorgen, da die deutsche TuiFly sie am Vorabend als Ausländer nicht mehr zu dem Flughafen transportieren wollte oder durfte, von dem sie gekommen waren. Und nun kam die Meldung über den Ticker, dass die deutsche Regierung Portugal und einige andere Länder von der Liste der Virusvariantengebiete nehmen wird. Ab dem 07.07.21 sollte Portugal und somit auch Madeira trotz einer inzwischen steigenden Inzidenz von 23 auf Madeira und 140 auf dem Festland herabgestuft werden zum Hochinzidenzgebiet. Das wiederum bedeutet, dass Madeira ab 14.7. wieder von jedem deutschen bereist werden darf. nach Rückkehr nach Deutschland benötigt man nun nur noch einen Corona-Test, einen Impfnachweis oder einen Bescheinigung, dass man genesen ist.
Die Reiseveranstalter müssen nun die abgesagten Reisen wieder einstellen, die Kunden müssen wieder informiert werden, die Airlines müssen das Flugprogramm erneut ändern und die Reiseleiter haben wieder eine Menge mehr Arbeit. Ist dieses Verhalten des Auswärtigen Amtes, des Gesundheitsministers oder der Regierung überhaupt noch schlüssig zu erklären ? Können diese Menschen, die mit anderen Menschen spielen wie mit Schachfiguren morgens überhaupt noch in den eigenen Spiegel schauen ? Versteht irgend jemand überhaupt noch seine eigenen Regeln ? Wer muss wann und in welchem Bundesland bei welcher Inzidenz und an welchem Wochentag noch in Quarantäne ? Macht es Sinn, Kindern nach den Ferien in der Schule eine Maske aufzuzwingen bei einer Inzidenz von 1,9 ? Warum darf meine Tochter bis heute noch keine Leichtathletik im Verein machen, während in Wembley 60 000 Zuschauer ohne jede Einschränkung zum Finale der Fußball Europameisterschaft dürfen ?
Ich verstehe das alles leider schon lange nicht mehr und bin froh, dass unter meinen deutschen TV Programmen nicht das ZDF ist. Sonst müsste ich weiterhin jeden Abend Karl Lauterbach bei Lanz sitzen sehen wenn er die Welt erklärt und von der 12. Welle spricht.
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Jürgen (Sonntag, 19 Juni 2022 14:08)
Hallo Olli.
Wusste nicht, dass Du Amerika, mein liebstes Urlaubsland inklusive Hawaii so gut kennst.
Da müssen wir mal bei einem Bier drüber sprechen.
Liebe Grüße
Jürgen
Omamama (Sonntag, 14 November 2021 18:35)
Da kann ich nur zustimmen, da ich dieses Durcheinander am eigenen Leib erfahren musste.