Nach einigen Urlaubsreisen zuvor, durfte ich 2007 von März bis November in diesem nordafrikanischen Land arbeiten. Wohn- und Arbeitsort war Sousse im Norden des Landes zwischen den berühmten Badeorten Monastir und Port El Kantaoui.
Meine Besuche in Tunesien waren alle vor dem arabischen Frühling und den Anschlägen u.a. am Strand vor einem Hotel in Monastir. Erstmals besuchte ich 1988 als Tourist die Gegend um Monastir. Als Schüler war das Interesse für Land und Leute noch nicht so groß, wie dies später der Fall sein sollte. Damals gefiel mir der endlos lange Strand und das Animationsprogramm des Hotels. 2004 lockte dann das super Last Minute Angebot von L´TUR, das uns nach Mahdia in ein nagelneues Hotel brachte. Das Land richtig kennen lernten wir dann 2007 bei unserem geschäftlichen Besuch.
Der Tourismus in Tunesien war und ist ein völlig anderer, als man ihn zum Beispiel von den Kanaren oder den USA kennt. Hier ist Billigtourismus der extremsten Art zu finden. All Inclusive Urlaub für unter 500.- Euro pro Person inklusive Flug. Da kann man eigentlich nicht viel erwarten. Und doch hatten wir dort als Reiseleiter mit die anspruchsvollsten Gäste überhaupt. Die von uns als DER Touristik angebotenen Hotels waren damals ok, aber natürlich nicht mit den Hotels der gleichen Kategorie in anderen Ländern vergleichbar. Dementsprechend viele Probleme hatten wir dort als Reiseleiter zu bekämpfen. Viele zum Teil gravierende Mängel in den Hotels, viele Reklamationen über die Qualität des Essens in den Anlagen und nicht zuletzt auch viele Probleme mit Überbuchungen. Gerade in den Ferienzeiten, in denen auch die Touristen aus dem Nachbarland Algerien hinzukamen, waren alle Hotels völlig überbucht. Schwerstarbeit für die Reiseleitung der DER Touristik.
Trotz aller Probleme freundeten wir und mit den Lebensumständen in der Metropole Sousse und den Badeorten Port El Kantaoui, Monastir und Mahdia an. An den freien Tagen erkundeten wir die Orte und das ganze Land. So konnten wir am Ende unseres Aufenthaltes alle Sehnsuchtsorte aus dem damals noch unbekannten Buch "1000 Places" abhaken.
Dies sind in Tunesien nicht allzu viele Sehenswürdigkeiten: Da ist Sidi Bou Said ganz in der Nähe von Karthago, die Hauptstadt Tunis mit dem Bardo Museum und das Amphitheater von El Djem.
Tunis
Tunis ist mit rund 1,5 Millionen Einwohnern die größte und wichtigste Stadt des Landes. Im Vergleich zu anderen Hauptstädten Nordafrikas ist Tunis etwas sauberer und nicht ganz so verwirrend, Dadurch ist sie aber auch weniger arabisch anmutend. Sehenswert sind ohne Zweifel die große Medina (Altstadt) mit unzähligen kleinen Gassen und dem großen Souk (Bazar), auf dem es absolut alles zu kaufen gibt. Hauptsächlich natürlich Obst und Gemüse, Gold, Silber und Teppiche.
Die größten Attraktionen liegen jedoch etwas außerhalb der Medina. So auch das berühmteste Museum des Landes, das Bardo Museum. Ein Besuch dort ist absolute Pflicht, ob man nun für die Geschichte des Landes und ganz Nordafrikas etwas übrig hat, oder nicht. Das Bardo beherbergt die größte Sammlung antiker Mosaiken, darunter die ältesten jemals entdeckten Mosaike aus der 5. Jahrhundert vor Christus. Die Schönheit dieser Fußböden und Wandbilder ist unglaublich und lässt einem für ein paar Stunden das Chaos außerhalb des Museums in der Großstadt vergessen.
In dem imposanten Regierungspalast residierte bei unserer Saison in Tunesien noch der damalige Präsident Ben Ali. Der Aufstand gegen ihn und seine Familienmitglieder startete den arabischen Frühling 2011. Heute gilt Tunesien als "frei" und der erste demokratisch gewählte Präsident des Landes und der ganzen arabischen Welt, Caid Essebsi, regiert in diesem Gebäude.
Sidi Bou Said
Sidi Bou Said ist ein Traum aus Blau und Weiß. Unweit von Tunis am gleichnamigen Golf auf einem Hügel liegt dieses kleine Städtchen, das zu den größten Touristenattraktionen des Landes zählt. Winzig kleine, teilweise sehr steile Gassen führen zu weißen Steinhäusern mit blauen Fensterläden und Türen. Zahlreiche Künstler zeigen in ihren Ateliers ihre Bilder. Und einige Restaurants bieten typisch tunesische Küche zu allerdings etwas überteuerten Preisen an. Wer Sidi Bou Said auf eigenen Faust besucht, sollte am späten Nachmittag kommen. Dann sind die Reisegruppen zurück im Hotel und die Kreuzfahrtschiffe haben wieder abgelegt. Erst dann kann man den zweifellos vorhandenen Charme des kleinen Städtchens auch genießen.
Karthago
Mit großen Erwartungen fährt man vorbei an Tunis und kommt ganz in der Nähe des Präsidentenpalastes an den Parkplatz von der Ruinenstadt Karthago. Man hat sich auf dem Weg vorgestellt, wie dieser wohl berühmteste Ort Tunesiens heute wohl aussehen mag. Von dieser ehemals blühenden Küstenstadt einer der größten uns beständigsten Mächte der Antike hatte man im Schulunterricht in Geschichte schon viel gehört.
Doch dort, wo schon Feldherr Hannibal die Badeanstalt besuchte und der französische König Ludwig IX. bei einem Kreuzzug im Jahr 1270 ums Leben kam, ist nicht mehr viel zu sehen. Noch nie war ich von einer historischen Städte so enttäuscht, wie im Falle von Karthago. Nur wenige Ruinen und ein großer Plan am Eingang, der zeigt, wie die Stadt einmal ausgesehen haben. Das ist alles, was von dem großen Namen übrig geblieben ist. Um die dort gefundenen Kunstschätze zu sehen, muss man ins nahegelegene Bardo Museum.
Auch wenn es einer der "1000 Places" im Buch ist, kann ich nicht bestätigen, dass man Karthago einmal im Leben gesehen haben muss. Ich habe es gesehen und war wirklich enttäuscht.
El Djem
El Djem liegt in Zentraltunesien umgeben von Millionen von Olivenbäumen. Nirgendwo auf der Welt habe ich auf einer Fahrt von einer Stadt zur anderen so viele Olivenbäume gesehen, wie auf unserem Ausflug nach El Djem. Doch so eintönig die lange Anreise, so grandios ist das Ziel der Strapaze.
Das besterhaltene römische Amphitheater nach dem Kolosseum in Rom ist einer jener wenigen Orte in Tunesien wo man ins Schwärmen gerät. Schon tagsüber ist ein Besuch dort imposant. Wenn man im Innenraum spaziert und sich vorstellt, dass im 3. Jahrhundert an eben jener Stelle Gladiatoren gegen Löwen und Gleichgesinnte kämpfen mussten
und Wagenrennen tausende Besucher anzogen.
Heute wird das Theater zu Theater- und Musikaufführungen genutzt. Und gerade dann, wenn die Sonne untergegangen ist und die Musiker unter dem Sternenhimmel bei Kerzenlicht ihre Vorstellung geben, wird El Djem zu einem jener magischen Orte, die man einmal im Leben erlebt haben muss.
Wir hatten das große Glück im Rahmen des jährlich stattfindenden Musikfestivals von El Djem einen amerikanischen Gospel Chor zu sehen. Schon mit Verstärkern und beschiedener Lichtshow war das Konzert gut. Doch grandios wurde es erst, als die Musiker nach einem Stromausfall entschieden hatten, auf jeglichen Strom zu verzichten und das ganze unplugged fortzusetzen.
Douz
Douz gilt als das Tor zur Sahara und ist ein Mekka für Globetrotter. Die Touristen, die es bis hierhin schaffen, die interessieren sich wirklich für das Land und die Menschen. Kein All Inklusive Hotel, kein Luxus, nur Wüste und atemberaubende Landschaft. Die Stadt selbst ist uninteressant und hat keine Highlights. Doch schon wenige Kilometer außerhalb liegt der Chott El Jerid. Dieser gewaltige Salzsee ist fast immer ausgetrocknet und lässt den verzauberten Gast aus Deutschland von einer Fatamorgana zur nächsten fahren.
Mystische Stimmung an einem der unwirtlichsten Ort der Erde. 2 Stunden fährt man von Douz nach Tozeur und ist dort dann plötzlich in einer anderen Welt. Tozeur ist die Hauptstadt der Dattelpalmen und eine Oase zwischen all den Salzseen dieser Gegend. Wem das alles noch nicht spektakulär ist, der fährt weiter in das nahegelegene Metlaoui und steigt in den "Lezard Rouge". Diese historische Eisenbahn verbindet Metlaoui mit Gafsa und fährt in eine der spektakulärsten Landschaften des Landes, in die Seldja Schlucht. Die Fahrt mit dem "Lezard Rouge" ist eine der atemberaubendsten Zugfahrten der Welt und sollte bei einer Reise in das nordafrikanische Land auf keinen Fall fehlen.
Jürgen (Sonntag, 19 Juni 2022 14:08)
Hallo Olli.
Wusste nicht, dass Du Amerika, mein liebstes Urlaubsland inklusive Hawaii so gut kennst.
Da müssen wir mal bei einem Bier drüber sprechen.
Liebe Grüße
Jürgen
Omamama (Sonntag, 14 November 2021 18:35)
Da kann ich nur zustimmen, da ich dieses Durcheinander am eigenen Leib erfahren musste.