Auch am anderen Ende der Welt kann man Skifahren. Und das Großartige ist, daß man dort Skifahren kann, wenn in Europa und Nordamerika die Skigebiete geschlossen sind. Der Winter auf der Südhalbkugel ist in unserem Sommer. Ich machte mir diesen Umstand im Jahr 2000 zu Nutze und heuerte nach meiner Zeit in Kanada für einen Sommer in einer Skischule in Neuseeland an. So lernte ich während meiner Zeit als Skilehrer einige Skigebiete auf den beiden Inseln Neuseelands kennen. Erwartungsgemäß gibt es die meisten neuseeländischen Skigebiete auf der Südinsel in den Neuseeländischen Alpen rund um die höchsten Berge. Doch auch auf der Nordinsel gibt es überraschenderweise einige Resorts, die so auf der Welt einmalig sind.
Whakapapa Ski Resort
Ich habe in all den Jahren als Skilehrer und Skiguide viele Skigebiete auf der Welt kennen lernen dürfen. Alle waren auf ihre Art und Weise besonders. Doch Whakapapa auf der Nordinsel Neuseelands war mit großem Abstand das ausgefallenste und exotischste Skigebiet, in dem ich je war. Schon die Anfahrt ist abenteuerlich und einmalig schön. Wenn man, wie ich, im Mai des Jahres 2000 online als Skilehrer in Whakapapa angenommen wurde, fährt man zunächst von Auckland kommend per Zug nach Süden und steigt in dem winzigen Nest National Park Village aus. Wenn man dann dort auf den Wagen wartet, der einem abholt, sieht man schon in der Ferne einen schneebedeckten Vulkan, der aus dem saftigen Grün der Landschaft rund um den Ort hervorsticht. Je näher man kommt, desto weniger kann man sich vorstellen, daß an diesem aktiven Vulkan Mount Ruapehu das größte Skigebiet Neuseelands sein soll. Bis zum Luxushotel Chateau Tongariro sieht man noch einige wenige Bäume und saftige Wiesen. Oberhalb davon gibt es dann nur noch kahle Felsen und schwarzes Vulkangestein, In 1630m Höhe liegt dann die Base Area des spektakulärsten Skigebietes der Welt mitten im Tongariro National Park, einem UNESCO-Weltnaturerbe.
In diesem Happy Valley genannten Teil des Resorts, das nur aus einer Lodge mit Skischule, Skiverleih und Restaurant, sowie einigen kleinen Holzunterkünften, die lokalen Skiclubs gehören, besteht, habe ich unzähligen Menschen das Skifahren beigebracht. Hier beginnen die 8 Lifte des Gebietes, die 44 Pistenkilometer bedienen und bis auf eine Höhe von 2300m führen. Der Gipfel des Mount Ruapehu ist 2797m hoch, darf aus Respekt vor dem heiligen Ort der Maori und auch aus Sicherheitsgründen nicht betreten werden. Der Vulkan ist aktiv und spuckt wie in den Jahren 1997 und auch 2007 immer wieder Asche und Felsbrocken aus. Während meiner Saison dort stank es zwar immer wieder stark nach Schwefel und wir hatten auch einige kleinere Erdbeben, einen größeren gefährlichen Ausbruch musste ich jedoch nicht miterleben. Dafür bot Whakapapa sämtliche anderen Naturphänomene, die man sich überhaupt vorstellen kann. Es schneite, es regnete, es gab Sturm und es gab sogar einen Eisregen, der alle Gebäude und Lifte mit einer dicken Eisschicht überzog. Dementsprechend vielfältig waren die Schneeverhältnisse. Von schönem Pulverschnee, wie ich ihn noch wenige Monate zuvor in Kanada erlebt hatte, war hier keine Spur mehr. In Whakapapa gab es Sulzschnee, harten, griffigen Schnee, Eisplatten und auch Kunstschnee. Bei der Einkleidung mit den Skischuluniformen wunderte ich mich noch, warum man hier einen Regenumhang dazu bekam. Wenige Tage später wusste ich es dann. Die Neuseeländer nahmen auch in strömendem Regen noch Unterricht und hatten extrem viel Spaß dabei. Da in Whakapapa in diesem Jahr meiner Tätigkeit dort relativ wenig Schnee gefallen war, gab es links und rechts der Pisten oft überhaupt keinen Schnee. Dort lagen pechschwarze Vulkansteine, große Felsbrocken und auch einfach schwarze Erde. Sollte man bei wenig skifahrerischem Können also einmal die Piste verlassen müssen, bestand hier extreme Verletzungsgefahr. Auch davon ließen sich die Kiwis, wie man die Einheimischen nennt, nicht abschrecken. In keinem Skigebiet der Welt habe ich so viele zerbrochene Ski, klaffende Löcher im Skibelag und blutige Wunden an den Knien gesehen, wie hier in Whakapapa. Aber ich habe auch noch nie so enthusiastische Menschen voller Lebensfreude erlebt, die am Berg einfach einen Tag Spaß haben wollten.
So wurde das Skigebiet im Tongariro National Park am aktiven Mount Ruapehu zu einem meiner Lieblingsskigebiete auf diesem Planeten und zu einem jener "1000 places to see before you die" die auf meiner Top Ten ganz oben stehen.
Turoa Ski Area
Fährt man von Whakapapa aus wieder in den Ort National Park Village und umrundet den Mount Ruapehu und somit auch den Tongariro National Park, erreicht man nach rund einer Stunde den kleinen Ort Ohakune. Von dort geht eine Straße hinauf auf die Südseite des Berges in eine Höhe von 1600m. Dort liegt mit Turoa das zweit gute Skigebiet der Nordinsel. Die Bedingungen im Turoa Ski Resort sind ähnlich denen auf der Nordseite in Whakapapa. Auch hier ist ein baumloses Gelände und rund 500 Hektar gesichertes Skiareal. 7 Lifte bringen die Schneesportler auf 20 km Piste und eine Höhe von 2322m unterhalb des Gipfels des Mount Ruapehu. Im Gegensatz zu Whakapapa hat Turoa jedoch sogar das anspruchsvollere Gelände und meist auch mehr Schnee. Immerhin 50% der Abfahrten sind schwarz markiert und somit schwer. Sportlich sind auch die Preise. Ein Tagespass in Turoa kostet stolze 75.-Euro und macht somit den Skigebieten der Schweiz Konkurrenz.
Ich war an einem freien Tag von Whakapapa aus einmal mit Kollegen in Turoa und war auch von diesem Gebiet sehr angetan. Auch hier fährt man auf einem aktiven Vulkan und hat somit so oder so immer Feuer unter dem Hintern.
Mount Hutt Ski Area
Nur 90 Minuten westlich von Christchurch liegt im Norden der Neuseeländischen Alpen der Mount Hutt und das drei Jahre in Folge zum beliebtesten Skigebiet des Landes gewählte gleichnamige Skiresort. Auf meiner Reise im Anschluss an meine Saison als Skilehrer auf der Nordinsel war ich mit Kollegen auch auf der Südinsel unterwegs. Das kleine Skigebiet am Mount Hutt gefiel uns dabei auch besonders gut. Die Anfahrt von Christchurch über den kleinen Ort Methven ist sensationell. Die Straße, die vom Highway 77 in die Berge abzweigt zählt zu den spektakulärsten Zufahrtsstraßen in ein Skigebiet überhaupt auf der Welt. Ist man dann in der kleinen Base Area angekommen, geht es hier ausschließlich um den Sport. Hier findet man keinen alpenländischen Apres Ski und keine gemütlichen Hütten. Am Mount Hutt findet man 3 Sessellifte und 40km Pisten. Das Besondere ist, daß man von der Base Area in 1610m Höhe zunächst sogar auf 1438m abfahren kann ehe man am North Peak bis in eine Höhe von 2086m kommt. Ähnlich wie in den Skigebieten der Nordinsel sucht man auch hier im Süden Bäume entlang der Pisten vergebens. Im Gegensatz zu den Resorts am aktiven Vulkan, bewegt man sich hier jedoch auf sicherem Boden im alpinen Hochgebirge. Obwohl die Mehrzahl der Abfahrten leicht und mittelschwer ist, gibt es auch für Könner eine große Anzahl an Möglichkeiten. Neben zwei spektakulären Bowls und viel Backcountry wird hier von Methven aus auch Heli Skiing angeboten. Wir verzichteten bei Frühjahrsschnee auf dieses Vergnügen und blieben für 109.-NZ$ auf den Pisten am Mount Hutt.
The Remarkables
Die Südinsel Neuseelands bietet eine der schönsten Landschaften der Welt. Mit dem Mount Cook als höchstem Punkt, dem Fox Glacier, den Marlborough Sounds im Norden und dem Milford Sound im Süden gibt es zahlreiche UNESCO Weltnaturerbe zu bewundern. Mittendrin liegt die Fun-Hauptstadt der Welt, Queenstown. Wahrlich majestätisch liegt die Stadt am Lake Wakatipu umgeben von bis zu 2300m hohen Bergen. Der Fjordland National Park ist nur wenige Kilometer entfernt und drei Skigebiete sind in unmittelbarer Nähe. Dort, wo Bungee Jumping, Canyoning und Speed Boat Fahren erfunden wurde, ist Ski- und Snowboardfahren schon fast Altherrensport.
Ich besuchte mit meinen Kollegen das nur 30 Minuten außerhalb der Stadt gelegenen Skigebiet The Remarkables. Wie bei fast allen neuseeländischen Skigebieten ist auch hier zum einen die Anfahrt landschaftlich spektakulär, zum anderen ist man auch hier schon an der Talstation oberhalb der Baumgrenze. Das kleine Resort beginnt auf 1586m Höhe und besitzt 4 Sessellifte. Auch die 10 Pistenkilometer klingen wenig. Doch was für ein Panorama, was für eine Landschaft. Für die stolzen 119.-NZ$ (72.-Euro) bekommt man wenig Areal, aber ganz viel Panorama geboten. Unter dem Double Cone mit gut 2000m Höhe gibt es einen Aussichtspunkt von wo aus man einen grandiosen Blick auf die Stadt, den Lake Wakatipu und das ganze "Hobbit-Land", das man aus dem Filmepos "Herr der Ringe" kennt.
Auch wir waren von der Landschaft hier begeistert, auch wenn das skifahrerische Vergnügen aufgrund sehr weichen Frühjahrsschnee nach dem Mittagessen doch sehr eingeschränkt war.
In Australien gibt es 11 Skigebiete. Die meisten davon in den Bergen von New South Wales und Victoria. Sie haben nicht ganz das Format der Skigebiete Neuseelands, auch wenn sie zum Teil sogar größer sind. Während die Resorts Neuseelands meist oberhalb der Baumgrenze liegen und somit viele offene Tiefschneehänge bieten, dominieren in den australischen Gebieten die Waldabfahrten. Während meiner Weltreise mit einer ehemaligen Kollegin waren wir auch lange in Australien unterwegs. Dabei besuchten wir auch eines der elf Skigebiete. Leider waren wir im australischen Sommer dort, so daß wir nicht das Vergnügen hatten, die Pisten auch wirklich zu testen.
Thredbo
Ganz im Süden des Bundesstaates New South Wales liegt rund 250km westlich von Canberra und 500km östlich von Melbourne der kleine Wintersportort Thredbo in den Snowy Mountains. Dieses Skigebiet ähnelt den europäischen Skiorten sowohl optisch, als auch landschaftlich. Unterhalb der höchsten Berge des Kontinentes bietet Thredbo 12 Lifte und immerhin 70 Pistenkilometer. Die meisten Pisten sind mittelschwer und einfach, es gibt aber gerade auch unterhalb des 1937m hohen Eagles Nest einige Herausforderungen für Könner. Für die 129.-AU$ (rund 80.- Euro) teuren Tagespässe wird einem also ein gutes Skigebiet geboten, das ganz nebenbei auch die 5 längsten Abfahrten Australiens aufweist. Die längste dieser Abfahrten nennt sich High Noon Cruiser und garantiert 5km Abfahrtspaß.
Nun konnten wir wie erwähnt die Qualität der Abfahrten und auch die Schneequalitäten nicht testen, doch rein optisch ist das Skigebiet in den Snowy Mountains eine exzellente Wahl für einen schönen Skiurlaub. Thredbo liegt im Mount Kosciuszko National Park, der das Gebiet rund um den mit 2228m höchsten Berg Australiens schützt. Ich war von der Landschaft und den Möglichkeiten in Thredbo begeistert und würde gerne einmal im Winter kommen. Dann könnte ich auch gleich noch die Skigebiete von Falls Creek und am Mount Buller in Victoria abhaken.
Jürgen (Sonntag, 19 Juni 2022 14:08)
Hallo Olli.
Wusste nicht, dass Du Amerika, mein liebstes Urlaubsland inklusive Hawaii so gut kennst.
Da müssen wir mal bei einem Bier drüber sprechen.
Liebe Grüße
Jürgen
Omamama (Sonntag, 14 November 2021 18:35)
Da kann ich nur zustimmen, da ich dieses Durcheinander am eigenen Leib erfahren musste.